Havana –
Aufwachen, gähnen, strecken, aufstehn und am Sack kratzen. Ich hab geschlafen wie ein Stein – wie lange es gestern geregnet hat? Kein Plan. Der Blick aus dem Fenster: Die Sonne lacht auf die doch etwas renovierungsbedürftigen Gebäude. Wir sind verhältnismäßig früh wach. Roly ist auch schon längst auf den Beinen und hat schon ein Frühstück für uns bereit. Ein wenig Smalltalk, einige Tips und 2 Tassen starken Kaffee später laufen wir die Treppe runter zur Straße. Wir befinden uns auf der Parallelstraße zum Prado und fast nen Steinwurf entfernt vom Malecon. Alle Vorstellungen von Kuba scheinen sich auf den ersten Blick zu bestätigen: Die Sonne scheint, die kolonialen Gebäude mit der bröckelnden Fassade versprühen ihren ganz besonderen Flair, aus irgendwelchen Wohnungen klingt Salsa und Reggaeton… und die Straßen gleichen einem Oldtimer Freilichtmuseum. Das Taxi von gestern ist keine Seltenheit wie es aussieht. Für eine Prachtstraße ist recht wenig los hier – und die Leute, die wir sehen scheinen langsam und entspannt in den Tag zu starten. Wenn die mehrspurigen Straßen und die mehrstöckigen Gebäude nicht wären, könnte man meinen, man wäre hier aufm Land – selbst in der Hauptstadt wünscht man sich nen nen guten Tag . Wir kaufen uns zwei Wasserflaschen von nem Kiosk auf dem Weg. Der Prado führt uns zum Parque Central: Hier scheint ein wenig mehr los zu sein. Neue und alte Taxis warten auf Fahrgäste vor dem recht prunkvollem „Tacón“ dem Gran Teatro de La Habana, ebenso wie liebevoll restaurierte Oldtimer für Touren durch die Stadt.
Parque Central
Für den ersten Tag mit ein wenig Jetlag entscheiden wir ohne viel Wortwechsel dass wir lauffaul sind. Hier halten sowieso Hop-on-hop-off-Busse, da kann man entspannt die Stadt an sich vorbeiziehen lassen. Für nur 10 CUC (10.00 USD) kann man den T2-Linienbus nehmen, der uns erstmal am Malecon entlangfährt bis zur Marina Hemingway. Alle paar Minuten plärrt etwas unverständliches aus dem Lautsprecher des Busses (ob nun unten tatsächlich jemand etwas zu den vorbeiziehenden Gebäuden sagt oder das eine Bandaufzeichnung ist, kann ich nicht sagen – ich kann nichtmal mit absoluter Gewissheit sagen, ob das hier Spanisch ist ) – also einfach mal abschalten und die Aussicht genießen.
Cementerío de Cristóbal Colón
An der Haltestelle Cementerío de Cristóbal Colón steigen wir dann aus, hier befindet sich die Necropolis Havanas – eine riesige rechteckige Fläche mitten in der Stadt mit breiten Straßen*. Recht ungewohnt so etwas zum ersten Mal zu sehen, aber anscheinend scheinen solche Friedhöfe in Lateinamerika nicht außergewöhnlich zu sein . Eigentlich sollte Christoph Kolumbus hier beerdigt werden, dann wurde er aber doch in Sevilla beigesetzt. Wir schlendern noch eine Weile umher, folgen den Wegweisern zu den Gräbern von Berühmtheiten (Ibrahim Ferrer, Alberto Korda, …), doch langsam wird es uns zu warm. Die Wasserflaschen sind schon fast leer – und weit und breit nichts wo man etwas zu trinken kaufen kann. Zurück also zur Haltestelle und im Schatten warten bis wir in den Folgebus einsteigen können.
Plaza de la Revolución
Der nächste Bus der Linie T2 fährt an der Uni vorbei zur Plaza de la Revolución, mit Blick auf das Memorial des Dichers José Martí. Das ist ne Touri-Attraktion, hier muss es doch was zu trinken geben? Aussteigen, umschauen: Fehlanzeige. Bei den zwei Gebäuden mit den Neonröhren in Form von Castro und Guevara handelt es sich und das Innenministerium und das Informationsministerium. Hmm, wenn ich mich jetzt hier auf den riesigen Betonplatz legen würde, wäre ich in 15min schön knusprig… Wir laufen über den Platz Richtung José Martí Memorial und hoffen auf nen Souvenirshop mit irgendwas trinkbarem. Auf dem Platz wird es wohl demnächst eine Veranstaltung geben. Einige Bänke sind schon aufgebaut, Flaggen wehen, einige Militärs sitzen im Schatten eine Zeltes und… ein „AGUA POTABLE“-Schriftzug auf nem Truck!
Wasser! WASSER! Wir torkeln zum Zelt und fragen mit Kulleraugen nach etwas zu trinken. Die Soldaten schauen sich an und müssen lachen. Gern füllen sie unsere leeren Flaschen wieder aus dem Tank auf. Mit recht kühlem Tee. Interessant. Nach ein wenig Smalltalk (Hände und Füße müssen zur Verständigung auch herhalten) geben sie uns noch den Tip mal ins Denkmal reinzuschauen. „Nicht nur kühl, sondern auch interessant“ . Stimmt auch tatsächlich. Also beides. Im Inneren der recht dicken Mauern ist es fast schon kühl und man kommt in die Räume des Museo José Martí mir zahlreichen seiner Texte mit Goldbuchstaben an den Wänden. Viel interessanter finde ich den Aufzug, der uns zur Spitze des Denkmales bringt. Tolle Aussicht ja, jedoch auf recht viel Soviet-Beton – wir entscheiden uns, die Altstadt anzuschauen, dort kann man recht gut zu Fuß von A nach B kommen. Also wieder mit dem Aufzug runter um auf den Bus der Linie T1 zu warten. Im Schatten. Irgendwie.
Mercado Almancenes San Jose
Allzulange müssen wir auch nicht warten. Wir steigen ein und merken sehr bald, dass wir eigentlich in die andere Richtung wollten. Egal, der Bus fährt sowieso einen Rundweg. Als wir an der Endhaltestelle der alten Promenade Alameda de Paula ankommen, entscheiden wir uns doch spontan auszusteigen. Hier steht der Almancenes San Jose Markt in den an der Promenade angebauten alten Lagerhallen. Hier scheint es so ziemlich alles zu geben: Von Haushaltsgeräten über Kleidung zu kitschigen Souvenirs… Wobei auch tatsächlich einige klasse Sachen zu finden sind: Zwischen all den Kunstdrucken sind einige Bilder ortsansässiger Künstler… Nachdem wir uns sattgesehen haben und ein Bierchen zur Erfrischung hatten (Ich hab echt das Gefühl, es ist einfacher an Bier zu kommen als an Wasser hier), machen wir uns wieder mit nem Bus Richtung Parque Central. Diesmal kommen wir am Capitolio vorbei – Generell scheint hier alles recht nah beinander zu sein… abgesehen jetzt vom Friedhof und dem Revolutionsplatz.
Zu Fuß also weiter: Die mit Kopfsteinen gepflasterte Fußgängerzone scheint offiziell an der Bar „Floridita“ anzufangen, Hemingways Stammkneipe**. Trotzdem müssen wir uns auf den engen Bürgersteigen an den anderen Fußgängern vorbeischlängeln, da sich über mehrere Bocks eine Baustelle zieht. Erst an einem Platz mit einer Statue von Don Quichote fühlt es sich wie eine entspannte Fußgängerzone an. Gegenüber gibt es eine Bank – Zeit mal Geld abzuheben. Einige Schritte weiter die nächste Sehenswürdigkeit: Die Farmacia Taquechel, die wohl älteste aktive Apotheke Havanas in der uralte Glas- und Majolikabehälter und anderes medizinisches Gerät ausgestellt sind. Der Weg führt uns bis zur Plaza Vieja. Hmm. der falsche Platz. Eigentlich wollten wir zum Castillo de la Real Fuerza direkt neben der Plaza de Armas. „Mensch Frank, halt die Karte richtigrum!“ – Ja, Mobiltelefon, Google Maps und GPS liegen alle daheim . Ich finde es ziemlich interessant, dass man sich hier trotzdem nicht wirklich verlaufen kann. Fast alle Wege führen zu irgendeinem größeren Platz von dem man sich orientieren kann. Und auch die Gebäude hier scheinen größtenteils sehr kostspielig restauriert worden zu sein. Ganz anders, als die Wohngegenden…
Castillo de la Real Fuerza
Irgendwie schaffen wir es dann doch zum Castillo. Ein wenig zu spät um es sich von Innen anzusehen, also laufen wir am Burggraben entlang. Keine Krokodile weit und breit zu sehen. All die Cartoons vermitteln Kindern ein verzerrtes Bild der Realität . Trotzdem bekommen wir nen Blick auf die Bronzestatue „La Giraldilla“ auf einem der Aussichtstürme – eines der Wahrzeichen der Stadt (und auch auf dem Logo des Havana Club Rums zu finden). Langsam knurrt der Magen. An der Plaza de Armas sind die Buchverkäufer schon dabei ihre Stände zusammenzupacken – wir machen uns auf zur Plaza de la Catedral. Roly meinte noch, dort gäbe es einige gute Restaurants.
Plaza de la Catedral
Die Kathedrale von San Cristóbal ist schnell gefunden – hier soll Kolumbus angeblich kurzzeitig begraben worden sein… Unweit davon befindet sich das Palacio de los Marquesas de Aguas Claras – damals prunkvoller Palast, jetzt Restaurant. Aber wir entscheiden uns doch für ein anderes in der Gasse nebendran. Gefühlt ist ein Restaurant rustikaler als das andere hier, und um Kundschaft wird mit Livemusik geworben . Für eine Stadt direkt am Meer steht übrigens recht wenig Fisch auf den Speisekarten – dafür gibts Pollo. In wohl allen möglichen Variationen. Und wer sich hier einen Mojito bestellt, merkt wohl recht schnell, dass eher an Wasser gegeizt wird als an Alkohol. Mehr als zwei schaffe ich jedenfalls nicht. Nach den Abendessen geht es sehr sehr sehr langsam wieder zurück zu unserer Casa..
*Übrigens mit 2 Mio. Gräbern der drittgrößte Friedhof weltweit
**Hier soll der Daiquiri erfunden worden sein