Vinales –
Der Bus nach Cienfuegos fährt heute um 6:45 los, also müssen wir früh aufstehen. Zweimal früh aufstehen in Folge. Im Urlaub. Ääääähhh… Blick auf die Uhr: kurz nach 5. Gestern haben wir noch die Sachen gepackt und für das Zimmer gezahlt. Eigentlich wollten wir wie mit Aleida vereinbahrt den Schlüssel auf dem Fenstersims lassen und uns leise hinausschleichen ohne alle aufzuwecken, aber so funktioniert das bei alten Damen nicht! Oma ist nämlich schon längst wach und hat uns Wegzährung gezaubert. „Wenn ihr schon keine Zeit zum Frühstücken habt…“ – damit wir groß und stark werden . Mit einem „Passt auf euch auf und habt Spass“ werden wir verabschiedet – und bekommen auch hier ein Kärtchen einer Bekannten in Cienfuegos in die Hand gedrückt, welche Gäste aufnimmt. Bisher funktioniert das mit den Casas Particular extrem einfach – ich glaube auch nicht, dass man eine besonders schlimme Absteige erwischen kann – die Leute sind super freundlich und extrem hilfsbereit, und preislich liegt alles zwischen 10 CUC (10.00 USD) – 20 CUC (20.00 USD) pro Nacht.
Die Straßen sehen wie ausgestorben aus – weit und breit niemand zu sehen. Wir sind die ersten an der Bushaltestelle, aber viel mehr Reisende als ne Handvoll scheinen auch nicht zu kommen – die meisten nehmen wohl den Bus am Nachmittag. Die Fahrt dauert gute 7 Stunden – Zeit etwas Schlaf nachzuholen. Irgendwann so zwischen 11 und 12 werde ich von Frank geweckt – wir machen ne Pause an einer Raststätte. Ein wenig überrascht es mich, dass es hier richtiges Mittagessen gibt, aber wir langen ordentlich zu – dann noch kurz aufs Klo, bevor wir weiterfahren. Hmm – wie der Frosch wohl in den Spülkasten gelangt ist?
Cienfuegos –
Kurz nach 14:00 erreichen wir Cienfuegos. Keine Jinteros weit und breit. Wir haben genug Zeit unsere Rucksäcke anzuziehen, und uns anhand der kleinen Karte auf der Rückseite des Anschriftkärtchens zu orientieren. Doch ein wenig weiter als gedacht. Die Adresse scheint zu stimmen. „Eliza y Miguel Angel“. Wir stehen vor einem etwas schickerem Haus. Generell sehen alle Häuser hier zwar ein wenig renovierungsbedürftig aus, was die Fassade angeht, aber kein Vergleich zu denen in Havana. Auch scheint es hier keine Häuser zu geben, die über zwei Stockwerke hinausgehen. Wir klingeln und Eliza macht die Tür auf – kurz geschildert, dass wir von Aleida den Tip für die Casa hier bekommen haben und sie führt uns gerne zum oberen Stockwerk. Es ist nicht viel los – wir sind die einzigen Gäste und können uns eines der vier Zimmer aussuchen. Klasse.
Wir haben noch gute 3 Stunden bis Sonnenuntergang – die sollten wir nutzen. Wir laufen also wieder Richtung Stadtzentrum. Wirklich viel los ist nicht auf den Straßen. Der Großteil der Leute ist zu Fuß unterwegs. Besonders auffällig sind die kunstvoll geschmiedet und dekorierten Fenstergitter hier: Wohl weniger um Einbrüche nachts zu vermeiden, sondern um tagsüber die Fester offen zu lassen. Im vorbeigehen kann man in die Wohnzimmer, Küchen… generell in die ganze Wohnung der Leute blicken – doch auch die Einwohner blicken herraus. Schnell wird klar, warum diese Gitter existieren: Natürlich hindern sie Leute daran ungehindert in Häuser einzudringen, aber läuft mal ein Freund oder Bekannter am Haus vorbei, ist ein Schwätzchen am Fenster vorprogrammiert – und zieht sich wohl auch gern in die Länge. Die Stadt selbst hat einen anderen Charakter als Havana, ruhiger, aufgeräumter… „dezenter in ihrem Auftreten“… oder so. Liegt vielleicht an den ganzen bonbon-pastellfarbenen Häusern. Außerdem merkt man sehr den französischen Einfluss an den kolonialen Verziehrungen der Häuser… und auch einiger der Straßennamen.
Parque Jose Marti
Wir laufen den Prado zum Zentrum entlang… und als wir am Parque Jose Marti wird es noch deutlicher: Uns begrüßt der einzige auf Kuba zu findenden Triumphbogen, den die damaligen Siedler im Gedenken an die ferne Heimat errichtet hatten. Auf einer Parkbank sitzen zwei Herren und spielen Gitarre – ohne Publikum, ohne Erwartung auf ein Trinkgeld, aus Lust und Laune und unterhalten unbewusst zwei Sicherheitsbeamte vor der Prunkvilla Palacio de Valle.
Wir schlendern über den Platz hinüber zum Palacio Ferrer. Hier könnte man eigentlich eine tolle Aussicht über Cienfuegos genießen, aber der Turm ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Stattdessen dürfen wir uns eine gerade stattfindende Kunstausstellung ansehen – der ältere Galeriewächter scheint untröstlich zu sein, dass wir nicht hinaufkönnen und wir müssen ihm wirklich mehrmals versichern, dass das schon ok ist. Ein wenig scheint sich der gute Mann zu langweilen – schließlich ist außer uns niemand sonst da.
Nachdem wir uns umgeschaut haben, haben einen kurzen Plausch mit ihm auf der Terrasse. Es ist echt wenig los im Moment – vielleicht auch wegen des Wetters. Es ist wirklich extrem schwül und es sieht regnerisch aus – da bleiben die Leute lieber daheim. Aber andererseits meint er, ist das vielleicht auch gut für uns: Weniger Touristen Wir sollten mal gegenüber zum Theater gehen, die Gelegenheit wohl alleine dort zu sein, sollte man nutzen.
Das Teatro Tomás Terry befindet sich schräg gegenüber. Wow. Benannt nach dem Zuckerbaron Tomás Terry wurde dieser Bau gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus seiner Hinterlassenschaft errichtet. Wahnsinn, dieser neoklassizistischer Stil wie man ihn aus Filmen kennt, welche im 19ten Jahrhundert spielen. Hier könnte man ein Agatha Christie Buch verfilmen – „Mord im Theater“ (wenn es den Titel gäbe ). Wir sind tatsächlich komplett allein. Einige aufgestellte Ventilatoren zeigen jedoch an, dass das Theater anscheinend immernoch aktiv genutzt wird und nicht nur als Attraktion dient*.
La Punta Gorda
Weiter Richtung Malecon dann: Wir verlassen den Park und biegen in eine Fußgängerzone ein. Hier gibt es einen Tourenanbieter für verschiedene Tagesausflüge im Umkreis. „Warum nicht?“. Wir gehen rein, schauen uns um und entscheiden uns für nen Ausflug in das Naturschutzgebiet um den See „Laguna de Guanaroca“ 15 CUC (15.00 USD).
Wir laufen die Prachtstraße Richtung „La Punta Gorda“. Hier im Süden der Stadt scheinen die Schönen oder Reichen** ihr Leben genießen – Yachtclubs, elegante Hotels, Casinos… Hmm, also Kapitalismus scheint doch schon nen bissel hier auch zu existieren . Auch hier scheint nicht allzuviel los zu sein. Wir laufen bis zum Palacio de Valle. Ein übertrieben prunkvolles Ungetüm an Villa eines damaligen Zuckerbarones. Im Inneren befindet sich ein Restaurant und auf dem Dach eine Bar – immerhin hat man von hier eine schöne Aussicht. Da der Hals etwas trocken zu sein scheint, genehmigen wir uns hier ein Cocktail bevor wir weiterziehen.
Während wir zur Südspitze schlendern verändert sich ein wenig das Stadtbild – hier sieht es ein wenig rustikaler aus, aber eher Richtung karibische Holzhäuser à la Belize .
Da sich der Magen auch meldet, entscheiden wir uns im Restaurant Villa Lagarto zu Abend zu essen – nicht schlecht. Stimmung passt, Sonnenuntergang inclusive. Satt und müde geht es mit nem Fahrradtaxi (wir sind lauffaul) für 4 CUC (4.00 USD) zurück zu unserer Casa.
*Ich schreibe gerade diese Zeilen und erinnere mich zurück an den Besuch: Wir wurden durchgewunken von der Dame am Schalter, haben uns Zeit gelassen im Theater und auch Fotos gemacht. Jetzt im Internet sehe ich: Eigentlich muss man Eintritt zahlen und die Fotoerlaubnis für den Innenraum kostet extra und ist nicht preiswert. Hmm. Hat sich Einges geändert in den paar Jahren?
**das „oder“ ist absichtlich so gewählt .