Havana –
Der Tag heute beginnt recht spät bei uns – irgendwie können wir uns nicht so recht an die Zeitverschiebung gewöhnen. Nach einem reichhaltigen Frühstück entscheiden wir uns, nochmals die Innenstadt anzuschauen – entspannt und langsam, zu Fuß. Heute ist es auch nicht so warm wie gestern scheint mir. Wir schaffen es nichtmal ganz zum Prado, da werden wir auch schon angesprochen: „Zum ersten mal hier? Oh, eigentlich ‚fast eben angekommen‘? Woher kommt ihr denn? Deutschland? Oh, da wohnt mein Schwager…“. Kann ja alles stimmen und richtig sein, oder eine dieser Maschen um Touris übers Ohr zu hauen. Hier ist es letzteres: „Fumar, amigos?“. Nee, normalerweise nicht, ab und an eine Zigarre zu besonderen Anlässen… Oh, achja, Zigarren… Ich hätt das kommen sehen können .
Unser neuer Freund Raoul meint, wir hätten Glück, denn heute wäre der letzte Sonntag des Monats und „Dia de Cooperativa de Tobacco“ oder so. Es gäbe da einen tollen Laden den er kennt, da wären nur heute die Preise runtergesetzt – „grad um die Ecke“. Na gut, irgendwie ist es dann doch seine fast liebevoll-offensichtliche Masche dass wir sagen: „Was solls, schauen wirs uns zumindest mal an“. Schließlich ist der Laden sogar in der Straße unserer Casa und nicht gerade der Stadtteil „Chinatown“ hier, von dem immer gewarnt wird… Einige Meter weiter folgen wir Raul in ein Gebäude uns finden wir uns im Wohnzimmer seiner Oma wieder. Okay, DAS war unerwartet. Hier floriert der Zigarrenhandel wie es aussieht, denn die alte Dame hat so einige Zigarrenkisten hier rumfliegen. Da die Preise uns jedoch nicht so sehr zusagen (bzw für uns „Gringos“ angepasst worden sind) müssen wir passen. Sicherlich wäre eine Kiste „Romeo y Julieta“ oder „Monte Cristo“ bei uns daheim wohl immernoch um ein vielfaches teurer, aber es war uns schon klar, dass wir hier in ne Tourifalle tappen .
Chinatown
Weiter also Richtung Parque Central. Man merkt schon, dass heute Sonntag ist: Viel mehr Kinder auf der Straße, von denen man sich ein wenig in acht nehmen muss – sonst wird man umgerannt: Der Prado eignet sich super für Wettrennen .
Am Capitolio vorbei schlendern wir zum Parque de la Fraternidad – hinter dem Capitolio befindet sich eine der ältesten Zigarrenfabriken, vielleicht sollten wir hier uns mal ein wenig informieren? Vom Park aus erblicken wir auch das Tor zu Chinatown, direkt neben der Fabrik. „Sieht aus wie alle anderen Teile der Stadt, welche nicht restauriert sind…“.
Und zum Stichwort Restauration: Die alte Fabrica de Tabacos Partagas scheint auch wegen Renovierung geschlossen zu sein. Wiedermal kein Glück. Egal, wenn wir schonmal hier sind, schauen wir mal wirklich in den Stadtteil rein, von dem immer gewarnt wird: Chinesen oder Asiaten allgemein? Fehlanzeige. Wenn hier mal Asiaten gewohnt haben, dann haben sie nur dazu beigetragen, dass es einige asiatische Restaurants hier gibt, ansonsten ist es hier nicht anders als in anderen Straßen Havanas. Keine Ahnung, warum man immer in Reiseführern liest, dass man diesen Ort meiden sollte…
Plaza de Armas
Wir schlendern einige Straßen entlang, lassen die alten, aber immernoch schönen Gebäude auf uns wirken und entscheiden uns grob Richtung Fußgängerzone zu laufen. In einem Cafe unweit der Plaza de Armas setzen wir uns dann hin und trinken unseren ersten Mojito des Tages – dem Motto „When in rome do as the romans do“ passen wir uns an. Der Platz ist um diese Uhrzeit belebter als gestern. Auch wir schauen uns einige Buchstände an… Die meisten Bücher sind natürlich auf Spanisch, aber es gibt auch sehr viel in anderen Sprachen. Es sind tatsächlich auch recht viele Antiquitäten dabei… Mich würde es fast nicht wundern, wenn unter nem Stapel Bücher eine Erstausgabe von Don Quixote versteckt ist . Da wir uns die Camera Obscura mit der 360° Sicht auf Havana anschauen wollen, bevor sie schließt, machen wir uns auf den Weg zur Plaza Vieja.
Plaza Vieja
Unterwegs werfen wir noch einen kurzen Blick in die Basílica San Francisco de Asís vor der eine lebensgroße Statue* aufgestellt ist, müssen uns aber doch beeilen… Bis um 17:00 haben wir Zeit…
Ein Besuch der Camera Obscura ist es wert. Im Gegensatz zum Ausblick vom José Martí Memorial bekommt man hier einen viel besseren Blick auf die Innenstadt und der Guide, der den Besuchern sehr viel über die Gebäude erzählt scheint wirklich sehr viel Spass an seinem Job zu haben . Wieder draussen, hat sich das Wetter geändert. So wirklich ist uns das im Turm der Camera Obscura nicht aufgefallen, aber es zieht sich zu. Wir überlegen uns, noch etwas essen zu gehen – eine Schulkasse läuft noch über den Platz… und dann regnet es urplötzlich aus allen Kübeln. Drüben wäre noch ein Restaurant gewesen, jetzt befinden wir uns aber auf der anderen Seite des Platzes. „Abwarten und Tee trinken“ also. Oder in unserem Fall: Die nächste Bar, welche sich knappe 10m auch unter den Arkaden befindet.
Ich bestelle mir nen „After Eight“-Cocktail. „We got us a rebel here, it’s just 17:45!“ . Das Teil schmeckt wie erwartet nach „After Eight“, jedoch mit ordentlichen Umdrehungen, da wohl keine einzige Zutat alkoholfrei ist (Hab ich schon erwähnt, dass Alkohol in Kuba günstig ist?). Wir schauen aus dem Trockenen dem Regen zu. Einige Fahrradtaxis stehen noch auf den Platz und wurden zum Teil umgeweht. Mhh. Eigentlich… wollten wir was essen. Die Entscheidung fällt auf Eis.
Genauergesagt Kokoseis aus Kokosnüssen. Einer der Eisverkäufer, der Milcheis aus Kokosmilch in seinem kleinen Stand auf den Platz verkauft hat, ist auch unter die Arkaden geflüchtet. Zähneknirschend muss er zuschauen, wie das Wetter ihm das Geschäft versaut. Ein wenig erstaunt ist er ja schon, dass wir zwei große Kokosnüsse mit Eis bestellen – die gibts dafür zum halben Preis. Quatsch – er ist unsere Rettung, denn wir haben hunger ! „Ist denn so eine Regenwalze normal?“ fragen wir. „Nicht zu dieser Jahreszeit. Falls ihr nicht länger warten wollt, lauft nicht an den Wänden entlang, lieber auf offener Straße… Fallende Steine“. Den Ratschlag nehmen wir zu Herzen. Als dann der Regen etwas nachlässt, machen wir uns auf den Weg zur Casa – Allerdings nicht ohne vorher Halt in einer Bar mit Livemusik zu machen. „Ein Drink geht noch“.
Es werden mehr. Kurz vor 23 Uhr erreichen wir die Casa. Etwas nass sind wir schon geworden als wir recht mittig durch die Straßen gelaufen sind, aber besser als ein Stück Mauerwerk auf den Kopf zu bekommen.
*Der Clochard „El Caballero de Paris“